Mag. Dietmar Ecker


Dietmar Ecker war schon mit 23 Jahren Pressesprecher eines Bundesministers, Kommunikationschef und Wahlkampfleiter, hat dann im Zuge eines Management-Buy-outs seine eigene Kommunikationsagentur gegründet und zahlreiche Unternehmen in ihrer Krisen-PR betreut. Heute ist er der Top-Experte für strategische Kommunikation.

Mut zum Anecken

Der Einstieg in die erste Reihe von Politik oder Wirtschaft. Gibt es da ein Patentrezept?

Anpassung und Durchschnittsverhalten werden leider zunehmend als Erfolgsrezepte gesehen. Deshalb gibt es kaum mehr herausragende Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten. Wir leben in einer Zeit der Durchschnittseliten.

Wie bringt man die PS einer Machtposition auf die Straße?

Dazu braucht es Perspektiven über das reine Karrieredenken hinaus. Wenn ich weiß, was ich will, wenn ich einen gefestigten Charakter habe, wenn mein Ego nicht ausschließlich mein Tun dominiert und wenn ich Empathie für meine Mitmenschen habe, dann bin ich eine Führungspersönlichkeit im besten Sinn.

Wie gelingt Wirkung in Medien?

Die Medien korrespondieren mit Emotionen. Ein guter Politiker spürt die Emotionen der Gesellschaft und weiß ganz genau, was er wann wie sagen muss. Auch darf man sich vor negativer Berichterstattung nicht übermäßig fürchten. Denn das Schlimmste, das dir als öffentlicher Mensch passieren kann, ist, dass gar nicht über dich berichtet wird.

Du hast ja im Alter von nicht einmal 25 Jahren mit dem Ferdinand Lacina einen recht unspektakulären Politiker als Chef gehabt. Ich glaube, es ist nicht unhöflich, wenn man ihn als eher introvertiert bezeichnet …

Jetzt kann ich es ja erzählen. Er wird es mir verzeihen. In Wirklichkeit konnte und wollte er mit der Öffentlichkeit gar nicht umgehen. Er war ein Intellektueller und hat die Zeitungen immer erst rund drei Wochen im Nachhinein gelesen. Das ganze mediale Spiel war ihm ein Graus. Deshalb hatte ich die Freiheit in seinem Namen mit den Medien zu sprechen. Und so war Lacina trotz seiner Medienscheu dauernd im O-Ton in den Printmedien präsent.

Wie hält man den Druck in Führungspositionen über Jahre aus?

Ewig ist das sowieso nicht möglich. Nach acht bis zehn Jahren beginnt in der Spitzenpolitik sozusagen die Götterdämmerung. Die jahrelangen Belastungen zeigen Wirkung. Man baut zwangsläufig ab und das Publikum will frisches Blut.

Wie kommt man in einer Führungsposition zu einem brauchbaren Feedback?

Ich fange einmal von hinten an. Schwache Leute holen sich schwache Mitarbeiter. Kreisky hat das in seiner Biographie als das konzentrische Mittelmaß bezeichnet. Ein Depp sitzt in der Mitte und holt sich Deppen im Umfeld. Die Griechen nannten das die Parasiten. Dagegen holt sich ein starker Charakter auch starke Leute. Wirkliche Freunde hat man an der Spitze kaum. Das muss man wissen. Der Erfolgreiche hat viele Begleiter. In schwierigen Zeiten wird es dort sehr einsam.

Macht in Wirtschaft und Politik: Mehr Parallelen oder Unterschiede?

Bis zum Aufstieg der sozialen Medien gab es definitiv größere Unterschiede. Mittlerweile sind allerdings selbst Großkonzerne mit etwas konfrontiert, was wir in der Politik den Wählerwillen nennen. Immer mehr Unternehmen müssen daher viel stärker auch sozialpsychologische Prozesse in Gesellschaften berücksichtigen und soziale beziehungsweise ökologische Verantwortung nachhaltig wahrnehmen. Eine Maske in Form von einem riesigen Marketingbudget reicht in Zeiten von Facebook und Co. nicht mehr.

Siehst du Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Umgang mit Macht?

Tendenziell neigen Männer eher zu Gockelgehabe, Konkurrenzkampf und Netzwerken. Frauen dagegen bringen mehr Emotionen in die Sichtweise ein und sind meiner Erfahrung nach viel mutiger, beispielsweise in Aufsichtsräten oder Vorständen.

Was waren entscheidende Durchbrüche auf deinem Weg?

Im Finanzministerium die Budgets Ende der 80er-Jahre und der EU-Beitritt, den wir auch kommunikativ sehr gut hinbekommen haben. Als Unternehmer war es der Aufstieg zur größten eigentümergeführten Kommunikations-Agentur in Österreich.

Wie gelingen in Top-Positionen vernünftige Übergänge?

Das hängt stark davon ab, wie gut man seinen zumeist unfreiwilligen Abgang verarbeitet. Je schneller desto besser. Viele kiefeln leider bis zum Lebensende daran.

Wechsel aus politischen in wirtschaftliche Positionen sind bei uns überhaupt eine Seltenheit …

Da sind wir in Österreich leider vorbelastet. Früher wurden ja vermehrt Deppen in staatsnahen Betrieben versorgt. Mit entsprechenden Ergebnissen. Das klingt bis heute nach. Umgekehrt ist für Wirtschaftsleute der Gang in die Politik nicht attraktiv.

Wo ist es dir gelungen, die eine oder andere Spur zu hinterlassen?

Ich bin kein Mensch, der es darauf anlegt, Spuren zu hinterlassen. Aber es war für mich ein Privileg, viele Jahre an der Seite von Ferdinand Lacina und kurz von Franz Vranitzky zu sein. Das waren und sind Persönlichkeiten, die dem Land gut tun.

Welche Tipps würdest du den Verantwortungsträgern von morgen mitgeben?

Junge Menschen sollten sich nicht nur auf ihre Karriere konzentrieren, sondern Ecken und Kanten und den Mut haben, sich zu artikulieren und etwas durchzukämpfen. Es liegt schließlich vieles im Argen in der Welt.

Danke für das Gespräch.