Karl Blecha

Karl BlechaKarl Blecha war legendärer Zentralsekretär der SPÖ, Manager erfolgreicher Wahlkämpfe und enger Wegbegleiter Bruno Kreiskys. Er war Innenminister und hat nach seinem Ausscheiden das politische Comeback geschafft. Heute ist er Präsident des Österreichischen Seniorenrates und des Pensionistenverbandes Österreichs.

Unverändert veränderungswillig

Wie ist dir der Einstieg in die erste Reihe der Politik gelungen?

Parteipolitisch sozialisiert wurde ich unmittelbar nach der Gründung der Zweiten Republik. Der eigentliche Beginn meiner Karriere war aber der Verband sozialistischer Mittelschüler, den ich mitbegründet habe. Der österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer und zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung sind aus dieser Organisation hervorgegangen.

Sehr bald bist du dann auch mit Bruno Kreisky in Kontakt gekommen…

Ich habe ihn im Jahr 1952 bei einem Vortrag kennengelernt. Kurz darauf wurde ich nach Schweden eingeladen, um mit ihm an einem Buch zu arbeiten. Und ein Jahr später war er dann auch schon Staatssekretär im Bundeskanzleramt und bald danach der erste Außenminister der Republik.

Du warst ja auch eine Art Außenminister, nämlich im Rahmen der Sozialistischen Internationale…

Wir jungen Linken waren von der antikolonialen Revolution begeistert. Wir haben Freiheitsbewegungen in aller Welt bewundert und manche unterstützt. Vor allem in Mittelamerika, Afrika und Asien. Konkret habe ich schon als Schülerfunktionär aktiv gegen die Werbemethoden der Fremdenlegion in der französischen Besatzungszone gekämpft, deren Hauptquartier eine Kaserne in Hütteldorf war.

Wie ist es dann nach dem Buchprojekt gemeinsam weitergegangen?

Ich war in der empirischen Wahlforschung tätig und habe Kreisky auf seinem Weg zum Bundesparteivorsitzenden und Bundeskanzler begleitet. Umgeben und angespornt von vielen Opinion Leadern waren wir sehr veränderungswillig. Viele bahnbrechende bundespolitische Innovationen haben wir zuvor in Niederösterreich begonnen und erprobt, beispielsweise den Dialog mit der katholischen Kirche.

Begleitet haben dich später leider auch Lucona und Noricum, weshalb du 1989 als Innenminister zurückgetreten bist…

Erstere Affäre habe ich nicht verschleppt, wie mir fälschlich vorgeworfen wurde, sondern überhaupt erst bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Zu Verzögerungen kam es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände, die außerhalb meines Wirkungsbereiches gelegen waren. Und bei Waffenlieferungen des österreichischen VOEST-Tochterunternehmens Noricum wurde ich von den Managern glatt belogen.

Die Medien haben damals eine bedeutende Rolle gespielt. Unabhängig davon hast du als begnadeter Kommunikator gegolten. Wie ist dir das gelungen?

Ich habe immer ein besonderes Verhältnis zu den Medien gepflegt, Redakteure durch persönliche und offene Gespräche mit meinen Anliegen vertraut gemacht. Diese Aufgeschlossenheit war zum damaligen Zeitpunkt für das Innenministerium, das ich ja vom Polizei- zum Bürgerministerium gemacht habe, etwas völlig Neues. Bis zu den so genannten Skandalen hat das auch sehr gut funktioniert.

Wie hast du es nach deinem turbulenten Abgang geschafft, wieder festen Boden unter die Füße zu kommen?

Meine politische Reputation als Innenminister hat mir geholfen, in den nunmehr von der kommunistischen Diktatur befreiten ost- und südosteuropäischen Ländern zu reüssieren.

Vergleicht man die Machtausübung an der Spitze von Politik und Wirtschaft: Gibt es da aus deiner Sicht mehr Gemeinsamkeiten oder Unterschiede?

In der Politik werden dir Fehler eher verziehen. Außer du verärgerst mächtige Gruppen, die starken Einfluss auf die Medien haben. Dann bist du schnell weg.

Apropos weg: Wie gelingt der optimale Wechsel von der Politik in ein Berufsleben danach. Immer seltener bist ja du als Pensionistenvertreter für scheidende Politiker unmittelbar zuständig…

Für Leute, die vorher in der Wirtschaft erfolgreich waren, ist die Rückkehr zumeist kein großes Problem. Schwerer haben es sogenannte Berufspolitiker, die nie einen Brotberuf hatten.

Als rotes Urgestein warst du mit Bruno Kreisky, Willy Brandt und Olof Palme befreundet. Was hast du von damals mitgenommen?

Alle waren sie unglaublich authentisch. Kreisky hat mir mitgegeben, dass man als Politiker die Menschen gern haben muss. Brandt, dass man sie nicht anlügen darf. Und Palme war völlig selbstlos und hat die Chancengleichheit für alle nicht nur vertreten, sondern sie gelebt.

Umgekehrt: Was würdest du würdest künftigen Verantwortungsträgern mitgeben wollen?

Dass sie ihr Schicksal in die Hand nehmen und Veränderungen anstreben sollen. Für meinen Geschmack wird heute von den Jungen zu viel geraunzt und zu wenig Innovatives getan.

Danke für das Gespräch.